Artenschutz - Pfronstettens
Hüle wird saniert: Amphibienexperten begleiten Aushubarbeiten,
doch die meisten Frösche und Molche sind bereits ins Winterquartier gezogen
PFRONSTETTEN. Konzentriert schauen die Amphibien-Experten des
Vereins Reptilien Amphibien Neckar-Alb (RANA),
Reinhold Braun und Elke Lehner, auf die Wasseroberfläche. Nichts bewegt sich,
kein Molch sitzt im Flachwasser der Pfronstetter Hüle.
Auch im Schlamm, der nach dem Abpumpen zur Sicherheit noch untersucht wird,
werden die Naturschützer kaum fündig.
Lediglich vier Tiere – drei Molche und ein Frosch – werden geborgen und in ein
Winterquartier umgesetzt.
Damit kann die Sanierung der Pfronstetter Hüle, die in den kommenden fünf
Wochen zu einem »naturnahen Dorfweiher«
umgestaltet werden soll, endgültig beginnen. 130 000 Euro wird die Gemeinde in
die Sanierung stecken, etwa die Hälfte
wird aus Fördermitteln des Landes finanziert.
Ein viel diskutierter Punkt bei den Planungen, die bereits seit 2008 liefen,
waren die Bewohner des Gewässers.
Zwei Gutachten zur Wasserqualität sowie zum Amphibienbesatz gaben Aufschluss.
Danach leben in der Pfronstetter Hüle rund
2 000 Bergmolche oder Frösche. Sollten jedoch besonders geschützte Arten wie
Goldbauchunke oder Kammmolch gefunden werden,
sei Vorsicht geboten, erklärt Reinhold Braun. Die Gemeinde lege viel Wert auf
einen verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren,
lobt der Amphibienschützer.
Neuer Weg um die Hüle
So wurde festgelegt, dass die Bauarbeiten erst nach Auszug der Amphibien –
im Oktober – beginnen sollten.
Zur Sicherheit wurden Experten herangezogen, um die Leerung zu überwachen.
Sogar der Bau eines Winterquartiers war eingeplant –
hätte man mehr Tiere gefunden. Seit Montag wurde der Inhalt der etwa 900
Quadratmeter großen Hüle abgepumpt.
Insgesamt müssen etwa 600 Kubikmeter Wasser und 1 000 Kubikmeter Schlamm
herausgeholt werden.
Gestört wurde so gut wie niemand. Molche und Frösche waren größtenteils
bereits in ihr Winterquartier umgezogen.
Weder die Prüfung des Flachwassers noch die Untersuchung des Schlamms hat
Hinweise auf Bewohner ergeben.
»Einige wenige Berg- oder Teichmolche oder Krötenmännchen hätten sich
eingebuddelt haben können«, erklärt Braun.
Nachdem die Hüle ausgeräumt ist, kann nun mit den Sanierungsarbeiten begonnen
werden.
Dabei sollen die in die Jahre gekommenen Betonwände so zurückgebaut werden,
dass sie nicht mehr sichtbar sind.
Eine Uferbefestigung werde davor neu modelliert, erläutert Moritz Margenfeld
von der Freiraumplanung Sigmund.
Auf der Seite der Hülengasse, deren Erneuerung im Anschluss ansteht, wird die
alte Betonmauer um gut einen Meter zurückgebaut.
Die Hüle soll ein typisches Teichprofil erhalten mit dem tiefsten Punkt in der
Mitte. Bisher befand sich dieser an der Stützwand zur Straße hin.
Ein Weg um die Hüle soll neu und ansprechend gestaltet werden.
Auch die Amphibien werden nach der Sanierung im Frühjahr wieder zurückwandern.
Zu ihrem Schutz werde ein mobiler Krötenzaun errichtet.
»Danach ist es viel besser für die Tiere«, sagt Reinhold Braun. (GEA
Zwiefalten
Weg frei für die Kröte
Hinter den Sportanlagen im
Zwiefalter Dobeltal gibt es ein Paradies für Amphibien.
Gefährdet waren die Tiere aber stets, da sie vom Wald her die Kreisstraße
passieren mussten. Ein neuer Schutzzaun soll helfen.
ALEXANDER THOMYS
Die neue Amphibienschutzanlage hat sich der Landkreis Reutlingen einiges
kosten lassen.
Der Festverbau – insgesamt 750 Meter beiderseits der Kreisstraße 6745 – hat rund
120 000 Euro gekostet.
In rund dreieinhalb Wochen wurde die Anlage nun von der Firma Nibler aus München
gebaut.
Die Sperren, die den Leitplanken ähneln und von der Straße aus gesehen jeweils
mit Erde aufgeschüttet wurden,
sollen Kröten, Frösche und andere Amphibien davon abhalten, auf dem Weg zu den
Laichgewässern hinter den Sportplätzen die Kreisstraße zu überqueren.
Stattdessen werden die Tiere zu zwei Tunneln geleitet, die im Zuge der
Baumaßnahmen deutlich größer dimensioniert wurden als die alten Durchgänge.
Amtsleiter Udo Pasler vom Kreisstraßenbauamt betonte, dass der Landkreis sich
hier freiwillig für den Naturschutz engagiere.
„Eine Verpflichtung hierzu bestand nicht“, sagte Pasler, denn eigentlich müsste
hier das „Verursacherprinzip“ greifen.
Denn erst durch den Sportplatzbau in den 1970er Jahren wurde die dahinter
liegende Wiese durch Zuflüsse von Tobel- und Kesselbach mit Tümpeln durchzogen.
Ideale Laichgewässer entstanden und zogen die Tiere an. „Die Straße war also
zuerst da“, bemerkte Pasler.
„Doch der Kreis hat die Notwendigkeit zum Schutz der Amphibien erkannt.“
Einen gewichtigen Anteil an dieser Entscheidung dürfte auch Reinhold Braun
haben. Der Ruheständler engagiert sich seit Jahrzehnten für die Amphibien im
Dobeltal.
Als der frühere Förster auf das Problem aufmerksam wurde, machte er sich
zusammen mit weiteren Freiwilligen in der Arbeitsgemeinschaft Amphibienschutz
daran,
die Tiere vor der gefährlichen Straßenüberquerung zu schützen. Provisorische
Zäune und eingegrabene Eimer, in der die Tiere mühselig gesammelt
und über die Straße getragen wurden, waren die ersten Schritte.
Im Zuge der Belagsarbeiten an der Kreisstraße in den 1990er Jahren setzte
Braun dann durch, dass ein fester Leitzaun aus Plastik gespannt wurde,
zudem gab es erstmal Tunnel für die Tiere. „Das war für uns ein
Riesenfortschritt“, blickte Braun zurück. Die Tunnel – „leider die
Minimallösung“
– seien von den Tieren aber kaum angenommen worden. Und so war Braun mit seinen
Mitstreitern weiter gefordert. Zuletzt sogar immer mehr,
denn am Plastikzaun nagte der Zahn der Zeit – und auch Mäharbeiten machten dem
Verbau immer wieder zu schaffen.
Mit den Jahren beobachtete Braun ein „Auf und Ab“ in der Population der
Amphibien. „Aktuell hat der Grasfroschbestand wieder zugenommen,
während die Bestände der Gelbbauchunke zuletzt zurückgegangen sind“, bilanziert
Braun, der zudem von zwei bis 3000 Kröten spricht.
Aber auch Molche und Ringelnattern fühlen sich in dem Naturparadies wohl. „Ein
Kleinod, das Arbeit macht“, wie es Braun nennt.
Der neue Schutzverbau dürfte ihm und seinen Mitstreitern die Arbeit spürbar
erleichtern. „Da wird nur noch ein Bruchteil der Arbeit zu tun sein“,
freut sich Braun schon heute, auch wenn erst die Praxis im kommenden Frühjahr
zeigen wird, ob die Tiere nach ihrer Winterruhe auf dem Weg in das Biotop
mitspielen werden.
Dafür habe man alles Erdenkliche getan, sagte Straßenbauamtsleiter Pasler. So
habe man sich mehrfach mit den Zwiefalter Ehrenamtlichen, aber auch mit dem
Verein
„Reptilien Amphibien Neckar Alb“ ausgetauscht, natürlich war auch die
Naturschutzbehörde um Klaus Dorsch an den Planungen beteiligt.
„Das ist eine sinnvolle Maßnahme für den Artenschutz“, ist sich Dorsch sicher.
Mit der Gemeinde Zwiefalten wurde bezüglich des Amphibienschutzzauns eigens
eine Vereinbarung geschlossen. Demnach hat Zwiefalten in Zusammenarbeit
mit den Ehrenamtlichen um Reinhold Braun für den Betrieb der Anlage zu sorgen,
während die Sanierung und Erneuerung der Anlage in Zukunft dem
Kreisstraßenbauamt obliegt.
Für Zwiefaltens Bürgermeister Matthias Henne eine gute Lösung. Als „südliches
Einfallstor“ ins Biosphärengebiet Schwäbische Alb habe man eine besondere
Verantwortung in Sachen Naturschutz, sagte Henne, der zugleich aber auch seine
Freude über die „optische Aufwertung“ durch den neuen Schutzzaun ansprach.